Letzens habe ich einen Podcast gehört. Sechs Folgen über einen Mann, den man als Visionär bezeichnet - oder den manche als Visionär bezeichnen.
Was ich fühlte, war mehr als die Irrituation, die sich auch im Podcast bemerkbar machte - es war ein Erschrecken. Über diese Art der Herangehensweise an die Welt - eine kalte Herangehensweise. Ich fragte mich: Wie kann man so denken? Und: wie kann man diese Prinzipien der Welt überstülpen wollen? Wie kann man darin überhaupt eine Lösung sehen - für die Herausforderungen, die wir haben?
Was ich vermisst habe: ein Blick unter die Oberfläche. Keine Analyse der Thesen oder warum jemand diese Haltung einnimmt. Was bringt einen Menschen dazu, so zu denken? Welche Welt entsteht, wenn solche Gedanken Wirklichkeit werden?
Also schreibe ich darüber - in diesem Blogartikel. Was ich dort nicht gehört habe, will ich hier sichtbar machen. Denn wir müssen reden - über das Diktat des Verstands, Macht, Entkopplung und die Illusion der Trennung.
Ein Beitrag aus meiner Reihe: Wir müssen reden.
(Gesellschaftliche Tiefenthemen, heilsam gedacht.)
Was ist hier eigentlich los - regiert nur noch der Verstand?
Wenn Menschen wie Maschinen ticken.
In den letzten Jahren, und besonders rund um die politische Entwicklung in den USA, begegnen uns immer häufiger bestimmte Gedankenmuster - formuliert von Menschen, die man als Vordenker, Investoren, Philosophen oder einfach Visionäre bezeichnet. Was sie verbindet, ist eine radikale Grundidee: Der Mensch ist sich selbst genug. Der Staat ist überflüssig. Moral ist optional. Und Freiheit steht über allem.
Ein paar dieser Thesen - ob ausgesprochen oder durch Lebensführung sichtbar - lauten:
- Ich will keine Regeln.
Nicht für mein Leben, nicht für die Forschung, nicht für Wirtschaft oder Gesellschaft. Weder Ethik noch Verantwortung sollen Grenzen setzen. Jeder ist sich selbst das Maß. - Der Staat hat sich rauszuhalten.
Ideal ist ein Leben jenseits staatlicher Strukturen - etwa durch Seasteading (Siedlungen auf offenem Meer), durch Staatenlosigkeit oder gleich auf dem Mars. Jeder lebt für sich - ohne Einmischung. - Demokratie ist überbewertet.
Was gebraucht wird, ist ein starker Lenker - ein „benevolenter Autokrat“, der durchregiert. Menschen als Masse gelten als zu dumm, zu beeinflussbar, zu ineffizient. - Währungen sind überflüssig.
Geld soll individualisiert werden. Jeder ist sein eigener Währungsraum. Keine Zentralinstanzen mehr - auch nicht im Finanzsystem. - Staaten sind Unternehmen.
Sie sollen miteinander konkurrieren wie Start-ups. Wer die besten Bedingungen bietet (z. B. Steuerfreiheit, wenig Regulierung), gewinnt. Menschen wählen ihren Aufenthaltsort wie einen Mobilfunkanbieter. - Der Mensch ist ein Projekt.
Er ist optimierbar, programmierbar, überwindbar. Die Longevity-Bewegung arbeitet daran, das Leben ins Unendliche zu verlängern - möglichst ohne Altern, ohne Verfall, ohne Tod. Der Körper wird zum Code. - Die Welt ist ein technisches Problem.
Das Denken folgt der Logik von Systemingenieuren: Alles ist Code, alles ist reparierbar, alles lässt sich rationalisieren. Gefühle? Komplexität? Geschichte? Körper? - Störfaktoren. - Religion als geopolitisches Werkzeug.
Manche dieser Ideen werden mit apokalyptischen Weltbildern vermischt. Staat und Religion sollen gemeinsam dem „Verfall“ der Welt entgegenwirken. Begriffe wie Armageddon, Antichrist, Aufhalter-Staat tauchen auf.
Dieses Denken ist kein isolierter Exzess. Es wirkt - in Politik, Wirtschaft, Forschung, digitaler Infrastruktur.
Und es ist gefährlich. Nicht, weil es unlogisch wäre. Sondern weil es entkoppelt ist -
vom Menschsein, vom Körper, von der Natur, vom Mitgefühl, von allem, was uns verbindet, was uns ausmacht.
Warum ist dieses Denken gefährlich?
Weil es ein Weltbild schafft, in dem nur noch weiße, gesunde Männer vorkommen.
In dem alle, die nicht in dieses Bild passen, systematisch unsichtbar gemacht oder ausgeschlossen werden:
Frauen, Kinder, Alte, Kranke, Behinderte, Menschen in prekären Lebenslagen.
Menschen, die nicht „funktionieren“, nicht „leisten“, nicht „dominieren“.
Und genau diese Strömung hatten wir schon einmal - mit verheerenden Folgen.
Denn was hier unter dem Deckmantel von Freiheit, Selbstverantwortung und Logik verkauft wird, ist in Wahrheit ein hoch ideologisiertes, zutiefst menschenverachtendes Gesellschaftsmodell.
Der Ruf nach weniger Staat ist kein Ruf nach Freiheit -
sondern nach ungehemmter Machtausübung ohne Konsequenzen.
Das libertäre Denken in seiner extremen Form ist nicht neutral.
Es ist nicht objektiv. Es ist nicht logisch.
Es ist eine Ideologie, die vorgibt, rational zu sein -
aber in Wahrheit einem einzigen Ziel dient:
Dem Erhalt der eigenen Privilegien. Der Maximierung des eigenen Gewinns.
Denn wer fordert, dass sich der Staat „raushält“, meint oft:
Ich will tun können, was ich will - ohne Rücksicht auf Verluste.
Keine Umweltstandards. Keine Arbeitsrechte. Kein Mindestlohn.
Hauptsache, der Profit steigt. Hauptsache, ich bin frei - auf Kosten aller anderen.
Das Perverse daran:
Diese Menschen brauchen andere Menschen, um ihre Gewinne zu erzielen -
aber sie sind ihnen egal.
Sie nutzen menschliches Leben als Ressource -
und entziehen sich gleichzeitig jeder Verantwortung dafür.
Es ist nicht individuelle Freiheit -
es ist asozialer Egoismus im Businessanzug.
Und wir kennen dieses Bild längst:
In Filmen, in Dystopien, in Geschichten.
Die Reichen fliehen in High-Tech-Himmelsburgen ob auf oder außerhalb der Erde -
während der Rest der Menschheit auf der Erde in den Ruinen ihrer Entscheidungen zurück bleibt.
Elysium. Tribute von Panem. Die Realität in Zeitlupe.
Dieses Denken ist nicht logisch.
Es ist durchsetzt von Gier, Machtfantasie, Angst und einer tiefen Entkopplung von allem Menschlichen.
Und es tut so, als wäre es über den Dingen -
aber in Wahrheit ist es die alte Geschichte in neuem Gewand:
Wer Macht hat, will mehr.
Und wer sich für unberührbar hält, zerstört das, was ihn erinnert, dass er Mensch ist.
Das Prinzip: die Entkopplung vom Menschsein und der Natur
Was diesen Denkmodellen zugrunde liegt, ist eine fundamentale Entkoppelung.
Vom Körper.
Vom Fühlen.
Von der Natur.
Vom Menschsein selbst.
Es ist eine Trennung zwischen Verstand und Körper, zwischen Intellekt und Herz –
wie sie auch im Schatten des Gene Key 62 sichtbar wird:
Ein Denken, das nur noch dem Intellekt huldigt.
Ein System, in dem der Verstand - und mit ihm das Ego -
zum ultimativen Herrscher erhoben wird.
Als hätte der Verstand alle Antworten.
Als könnten wir den Kopf vom Körper trennen -
und damit in Perfektion leben.
Als wäre der Mensch nur noch Rechenleistung.
In diesem Prinzip zählt nur noch, was logisch ist.
Gefühle gelten als Störung.
Der Körper als Werkzeug.
Die Natur als Ressource.
Chaos als Feind.
Wildnis als Schwäche.
Unwägbarkeiten als Fehler im System.
Alles wird reduziert auf Funktion.
Auf Code.
Auf Kontrolle.
Auf Gewinn.
Und genau das macht es so gefährlich:
Denn dieses Denken tut so, als würde es das große Ganze erkennen-
aber es sieht nur die Hälfte.
Es sieht den Menschen als Maschine.
Die Welt als Apparat.
Das Leben als Software.
Und indem es die andere Hälfte -
das Fühlen, das Spüren, das Organische, das Verbindende, das Unperfekte -
verneint,
verneint es das Leben selbst.
Der Archetyp: Der hyperrationale, entkoppelte Geist
Diese Art des Denkens ist kein Einzelfall.
Sie gehört nicht nur einer Person.
Sie ist Ausdruck eines Archetyps.
Ich nenne ihn: Den hyperrationalen, entkoppelten Geist.
Er versucht, die Welt von oben zu ordnen -
aber in Wahrheit flieht er vor dem eigenen Schmerz.
Kein Körper, keine Bindung, kein Ort.
Kein Mitgefühl, keine Verwurzelung, kein Sinn.
Nur Logik, Kontrolle, Wachstum, Beschleunigung, Eigeninteresse.
Dieser Archetyp steht für:
- Den technokratischen Nihilisten,
der sich selbst als Schöpfer sieht, aber innerlich abgeschnitten ist von allem Lebendigen. - Den Vater-Bekämpfer,
der den Staat ablehnt, weil er in ihm Autorität sieht - und unbewusst Rache übt. - Den Retter-Messias,
der vorgibt, die Welt zu retten - aber in Wahrheit nur seine eigene Agenda verfolgt. - Den emotional Verletzten,
der das Weibliche verachtet und der das Weiche, Empfangende, das Emotionale und Verbindende bekämpft, weil er als Kind nicht erlebt hat, was echte Nähe bedeutet. - Den Kontrollsucher,
der Freiheit ruft - aber damit nur seine eigene meint.
Dieser Archetyp sagt:
„Ich bin, weil ich denke.“
Aber fragt nie:
„Was fühle ich?“ oder „Wem diene ich?“
Er hat keinen Körper.
Er hat kein Herz.
Er hat nur ein Ziel: Kontrolle.
Und weil er keinen Schmerz mehr spürt -
hält er sich für unverwundbar.
Und weil er nicht liebt -
glaubt er, dass Liebe eine Schwäche ist.
Er ist - ganz schlicht - nicht ganz.
Dieser Archetyp flieht vor sich selbst.
Und wenn er dafür die Welt und alle Menschen opfern muss.
Dann tut er das.
Aber er baut keinen Planeten -
er reißt unseren mit sich.
Und wenn alles zerstört ist,
setzt er sich ab.
Wer ihm folgt?
Die, die ebenso entkoppelt sind wie er.
Randnotiz zum ideologischen Hintergrund
Es ist kein Zufall, dass dieses Denken Wurzeln hat -
und eine davon trägt den Namen Ayn Rand.
Die russisch-amerikanische Philosophin gilt als Ikone des radikalen Individualismus.
Ihr Hauptwerk „Atlas Shrugged“ wird in libertären Kreisen verehrt wie eine Heilige Schrift.
Besonders in Silicon Valley, unter Neokonservativen und selbsternannten System-Designern ist sie prägend.
Ihr Credo:
- Der Mensch ist ein rationales, autonomes Wesen.
- Altruismus ist Schwäche.
- Verantwortung ist eine Illusion.
- Nur, wer sich selbst maximiert, lebt wahrhaftig.
Wer ihre Bücher liest, versteht schnell:
Das Weibliche, das Weiche, das Gemeinsame - hat in dieser Welt keinen Platz.
Was zählt, ist Selbstbehauptung. Stärke. Unberührbarkeit.
Und genau dort beginnt der Schatten, über den wir gerade sprechen.
Denn was passiert, wenn solche Ideen nicht nur gedacht, sondern zum Ideal erhoben werden?
Wenn sie sich einnisten in politische Strategien, in die Rhetorik der Macht, in Zukunftsvisionen?
Wenn das, was uns als Freiheit, Innovation oder Fortschritt verkauft wird, in Wahrheit eine Abkehr von der Menschlichkeit ist?
Ein Blick auf die Thesen: Visionär oder Irrweg?
Ich denke, es lohnt sich, noch einmal einen genaueren Blick auf die Thesen und die Begriffe zu werfen, mit denen sie sich schmücken: „Freiheit“, „Innovation“, „technologischer Fortschritt“. Was steckt wirklich dahinter?
Ich will keine Regeln.
Dieses Denken geht davon aus, dass Menschen rational handeln - und sich im Zweifel selbst Grenzen setzen. Dass ethische oder moralische Rahmen eher hinderlich als hilfreich sind.
Doch genau hier überschätzen sich viele: Der Mensch ist kein reines Vernunftwesen. Geschichte - und das geht sehr weit zurück - zeigt, was Gesetzlosigkeit mit sich bringt. Regeln sind nicht Schikane. Sie sind Schutz. Oft Schutz vor uns selbst.
Der Staat hat sich rauszuhalten.
Hier wird ignoriert, was der Staat überhaupt absichert: Bildung. Kunst. Kultur. Forschung jenseits von Profit. Naturschutz. Schutz von Minderheiten.
Vielleicht wird das nicht nur ignoriert, sondern bewusst als „unnötig“ erklärt - weil Vielfalt ohnehin nicht geschätzt wird. Und weil es einem libertär denkenden Milliardär nun einmal egal ist, wie es den normalen Menschen geht. Auf deren Rücken sie ihren Reichtum erwirtschaften - unterstützt vom Staat, den sie gleichzeitig ablehnen.
Heuchlerisch nennt sich das.
Demokratie ist überbewertet.
Auch hier wieder: Arroganz. Als ob bestimmte Menschen besser über andere entscheiden könnten als sie selbst.
Als hätte uns die Geschichte nicht gelehrt, wie Macht korrumpiert. Wie viele Autokraten mit hehren Zielen antraten - und am Ende nur sich selbst dienten. Wer kontrolliert einen Herrscher mit unbegrenzter Macht?
Die Gewaltenteilung gibt es aus gutem Grund. Weil - noch einmal - der Mensch nicht rein rational handelt.
Währungen sind überflüssig. Jeder ist seine eigene Währung.
Währungen gibt es aus gutem Grund. Vielleicht gibt es Alternativen. Aber das heißt nicht, dass der Mensch zur Ware werden sollte.
Nicht jeder kann sich selbst als „Markt“ aufstellen - und nicht jeder soll das müssen.
Staaten sind Unternehmen.
Hier wird vergessen: Staaten sind mehr als Dienstleister. Sie sind Kultur, Identität, Zugehörigkeit.
Wie entkoppelt muss jemand sein, um zu glauben, Menschen ziehen nur wegen Steuervorteilen um?
Wenn das stimmen würde, gäbe es längst eine Massenflucht in Steueroasen. Gibt es aber nicht. Warum? Weil Menschen mehr brauchen als Profit.
Der Mensch ist ein Projekt.
Warum sollten wir ewig leben wollen? Warum sollten Milliardäre ewig leben? Damit sie noch mehr Zeit haben, noch mehr Geld anzuhäufen?
Der Mensch ist kein Code. Kein Programm. Keine Maschine.
Gerade die Endlichkeit des Lebens macht es lebenswert. Wer nur funktionieren will, lebt nicht.
Die Welt ist ein technisches Problem.
Wer meint, alles sei Code - alles reparierbar - übersieht die eigentliche Komplexität des Lebens.
Ja, Menschen stören manchmal Abläufe. Sie verlangsamen. Sie fühlen. Aber: Wer sagt, dass die Welt wie eine Software funktionieren soll?
Gerade das Unperfekte bringt uns weiter. Wachstum kommt nicht aus Perfektion. Es kommt aus Reibung, Chaos, Neubeginn.
Religion als geopolitisches Werkzeug.
Wenn Religion sich mit Politik verbündet, will sie meist nicht Frieden, sondern Macht.
Ethische Prinzipien brauchen keine Religion. Politik braucht keine Religion, um menschlich zu sein.
Wo Religion sich in die Politik mischt, geht es selten um Menschlichkeit.
Es geht meistens um Kontrolle.
Was all diesen Visionen fehlt, ist nicht Intelligenz - sondern Verbundenheit. Wertschätzung für das Leben. Eine ganzheitliche Sicht. Und letztendlich: Liebe.
Das passiert wenn der Verstand sich vom Herzen trennt.
Wenn der Intellekt über die Seele herrschen will.
Wenn die Ratio die Emotion beherrschen will.
Doch: Der Mensch ist mehr als ein Algorithmus.
Wir sind fühlende Wesen - verletzlich, begrenzt, kreativ, chaotisch.
Und genau darin liegt unsere größte Kraft.
Und doch versuchen manche sich davon zu trennen.
Vom Herz. Vom Körper. Vom Zweifel.
Oft sind es jene, die nach Macht streben, nach Erfolg, nach Einfluss -
nicht aus Fülle, sondern aus Leere.
Weil sie selbst abgetrennt sind.
Vom eigenen Menschsein. Vom Fühlen.
Die Lösung, die keine ist: Abspaltung.
Die falsche Lösung: Potenzial durch Abspaltung
Oder: Alle Macht dem Individuum?
Woran viele dieser Vordenker - und ihre Gefolgsleute - glauben,
ist im Kern ein zutiefst einsames Weltbild.
Es ist das Bild vom Menschen als Einzelkämpfer:
autonom, überlegen, allein.
Getrieben von der Idee, dass es letztlich nur auf ihn selbst ankommt.
Dass der Stärkste überlebt. Dass Zusammenarbeit Schwäche ist.
Dass nur wenige - meist Männer - die Kompetenz haben, zu entscheiden.
Diese Haltung trägt die Handschrift einer Hyper-Unabhängigkeit:
Kein Vertrauen, keine Verbindung, keine Kooperation.
Nur Ich. Nur Ratio. Nur Macht.
"Ich muss es allein schaffen - denn niemand ist für mich da."
Dieser innere Glaubenssatz wird zum politischen Prinzip erhoben.
Dahinter steckt nicht nur Arroganz -
sondern oft tiefer Schmerz, Enttäuschung, emotionale Verwahrlosung.
Eine innere Abspaltung, die zur äußeren Politik wird.
Und sie führt in die Irre.
Denn sie verkennt:
- Dass der Mensch ein soziales Wesen ist.
- Dass unsere wahre Stärke in der Ko-Kreation liegt.
- Dass Schwarmintelligenz, Systeme und Netzwerke weitaus resilienter sind als ein isoliertes Ego.
- Dass Lebendigkeit immer Verbindung braucht.
Die Natur zeigt es uns:
Wirkliches Wachstum entsteht im Zusammenwirken vieler Kräfte.
In Zyklen. In Rhythmen. In Beziehungen.
Und nicht im Monolog eines Genies mit Gottkomplex.
Diese vermeintlich "logische Lösung" ist in Wahrheit eine gefährliche Reduktion:
Sie zerstört Potenzial.
Sie entreißt Menschen ihre Würde.
Sie ignoriert die systemische Komplexität des Lebens.
Sie tut so, als würde sie das System sprengen -
doch lässt sie genau das intakt, was ihr selbst dient.
Was ihr Profit bringt, soll bleiben.
Was anderen dient, wird ausgelöscht.
Viele dieser Freiheitsfanatiker lassen sich ihre Raketen vom Staat subventionieren - und predigen dann, wie sehr sie ihn verachten.
Sie reißen das Netz ein - für alle anderen.Und lassen es für sie selbst bestehen.
Die wahren Schmarotzer des Systems
sind nicht die, die darauf angewiesen sind.
Es sind die, die es aushöhlen -
und dann so tun,
als hätten sie es nie gebraucht.
Technokraten am Tropf des Staates
Subventioniert. Steuerbegünstigt. Scheinheilig.
„Ich brauche keinen Staat!“
kassiert Millionen an öffentlichen Aufträgen.
„Ich will totale Unabhängigkeit!“
nutzt staatlich finanzierte Infrastruktur – vom Internet bis zur Raumfahrt.
„Ich bin gegen Umverteilung!“
bezieht Steuererleichterungen und Fördermittel.
„Der Markt regelt alles!“
nur solange er selbst am Regler sitzt.
„Die da unten sollen sich mal zusammenreißen.“
aber wer putzt eigentlich die Büros, kocht das Essen, betreibt den Kundensupport?
Und wenn sie dann alle auf den Mars abhauen wollen -
bitte. Aber dann wird hier die Nabelschnur durchgeschnitten.
Kein Rückgriff mehr auf Ressourcen, Know-how, Subventionen oder Arbeitskräfte von der Erde.
Ihr wollt autark sein? Dann seid es auch. Ganz.
Die energetische Ebene - Yin & Yang
Hinter all dem Denken, Konstruieren, Kontrollieren
liegt ein vergessenes Prinzip.
Ein uraltes Gleichgewicht,
aus dem diese Welt geboren wurde:
Yin und Yang.
Das Empfangende und das Gebende.
Das Dunkle und das Helle.
Das Fließende und das Zielgerichtete.
Das Loslassen und das Durchsetzen.
Das Chaos und die Ordnung.
Der Schatten des Intellekts -
dieser hyperrationale, entkoppelte Geist –
versucht, sich vom Yin zu lösen.
Vom Weiblichen.
Vom Weichen.
Vom Spürenden.
Vom Seelischen.
Weil es ihn an seine eigene Verletzlichkeit erinnert.
Weil er glaubt, dass es ihn schwach macht.
Doch in Wahrheit
trennt er sich von seiner Quelle.
Denn das Yin ist Ursprung.
Es ist das Schöpferische, das Nährende, das Gestaltende.
Der Schoß, aus dem alles Leben kommt.
Das Feld, das hält.
Die Seele, die führt.
Der Verstand wird gebraucht -
aber nicht als Herrscher,
sondern als Diener des Ganzen.
Yang ohne Yin ist verbrannte Erde.
Eine Wassermühle ohne Wasser.
Ein Kampf ohne Sinn.
Es geht hier nicht um Geschlechter.
Es geht um Energie.
Um Balance.
Um Integration.
Um das Wieder-Erinnern daran,
dass Ganzheit immer Vielheit in sich trägt.
Was wir heute erleben, ist ein Yang-Übergewicht.
Eine Welt, in der Kontrolle über Hingabe regiert.
In der Beschleunigung das Lauschen ersetzt.
In der das Lineare das Zyklische verdrängt hat.
Und hinter all dem?
Angst.
Angst vor dem Verschmelzen.
Angst vor dem Kontrollverlust.
Angst vor echter Nähe.
Denn Co-Kreation braucht Mut.
Integration braucht Vertrauen.
Ganzheit braucht Hingabe.
Aber wie viel könnten wir gemeinsam erreichen,
wenn wir diese Angst loslassen?
Wenn wir dem Yin wieder Raum geben -
nicht als Schwäche, sondern als Quelle?
Wenn wir erkennen,
dass eins plus eins mehr ist als zwei,
weil es dann nicht Addition, sondern Alchemie wird?
Die Illusion der Trennung
Wir haben vergessen, wer wir sind.
Wir haben vergessen,
dass wir nie getrennt waren.
Nicht von der Erde.
Nicht voneinander.
Nicht vom Ursprung.
Wir leben in der Illusion,
dass wir in unseren kleinen Körpern existieren,
eingeschlossen in Haut,
isoliert durch Sprache,
abgeschnitten vom Ganzen.
Doch auf atomarer Ebene
sind wir mit allem verbunden.
Mit dem letzten Atom,
und dem davor,
und dem danach.
Mit dem Baum,
mit dem Tier,
mit dem Licht der Sterne.
Mit dem Mars.
Denn wir sind der Mars.
Die Planeten bewegen uns.
Der Mond regiert unsere Ozeane -
glaubst Du wirklich,
er hätte keinen Einfluss auf Dich?
Wir sind nicht getrennt.
Wir sind nur blind geworden.
Blind für das,
was wir längst fühlen.
Blind für das,
was sich nicht denken lässt.
Denn es gibt Wahrheiten,
die kann der Verstand nicht fassen.
Nur das Herz kann sie erinnern.
Nur das Fühlen kann sie verstehen.
Und vielleicht geht es genau darum:
Nicht darum, zu beweisen,
sondern zu glauben.
Nicht darum, sich zu retten,
sondern sich zu erinnern.
Wenn wir uns wieder als Teil des Ganzen begreifen,
brauchen wir keine Raketen mehr.
Müssen nicht auf andere Planeten fliehen.
Denn dann erkennen wir:
Unsere wahre Aufgabe ist nicht das Entkommen -
sondern das Heimkommen.
Heim zu uns selbst.
Heim zur Erde.
Heim zu denen, die mit uns hier sind.
Denn die tiefste Illusion ist nicht nur die der Trennung -
sondern der Glaube,
wir könnten je vor uns selbst fliehen.
Du kannst noch reisen
bis hinter das letzte schwarze Loch,
an den Rand des Universums -
Du wirst Dich selbst immer mitnehmen.
Was heilt?
Was heilt, ist nicht, den entkoppelten Geist zu zerstören.
Was heilt, ist, dem zu begegnen,
was er verdrängt hat.
Dem Teil in ihm, der fühlen konnte.
Dem Teil, der einst berührt war von der Welt.
Der vielleicht zu früh verletzt wurde.
Der sich schloss - um zu überleben.
Er hat das Herz verbannt.
Hat den Schmerz weggesperrt.
Und mit ihm die Liebe.
Doch irgendwo, ganz hinten in seinem Inneren,
lebt noch der Archetyp,
den er so sehr fürchtet -
der Teil von ihm,
der ihn ganz macht.
Der Archetyp des verbundenen Herzens.
Er ist weich - aber nicht schwach.
Verletzlich - aber nicht wehrlos.
Er hört zu.
Er hält aus.
Er liebt.
Nicht sentimental, sondern seelenklar.
Nicht aus Naivität, sondern aus gelebter Tiefe.
Vielleicht kann der entkoppelte Geist ihn nicht mehr finden.
Vielleicht will er ihn nicht einmal mehr sehen.
Dann liegt es an uns -
ihn zu erinnern.
Ihn in dieser Welt zu stärken.
In Dir. In mir.
In jedem von uns.
Denn solange er lebt,
gibt es Hoffnung.
Nicht auf Bekehrung -
aber auf Balance.
Der Verstand braucht das Herz.
So wie das Herz den Verstand braucht.
Was der Welt fehlt,
ist nicht mehr Logik -
sondern mehr Liebe.
Erinnerung an den Archetyp des verbundenen Herzens
leise. wahr. ganz.
Er lebt in der Tiefe -
nicht laut, nicht glänzend, nicht im Rampenlicht.
Aber er ist da.
In jedem Menschen.
Auch in denen, die ihn vergessen haben.
Er glaubt nicht an Macht.
Er glaubt an Verbundenheit.
Er sieht die Welt nicht als Schlachtfeld -
sondern als Gewebe.
Er fragt nicht: „Was nützt mir das?“
Sondern: „Was braucht das Leben jetzt von mir?“
Er urteilt nicht - er fühlt.
Er kontrolliert nicht - er empfängt.
Er besitzt nicht - er hütet.
Er weiß: Alles ist mit allem verbunden.
Dass es keine Trennung gibt - nur die Illusion davon.
Und dass Liebe kein Gefühl ist,
sondern ein Prinzip.
Er ist kein Held.
Er ist keine Heilige.
Er ist einfach da.
Inmitten von Zerstörung -
hält er den Raum.
Inmitten von Zynismus -
trägt er das Echte.
Und wenn Du ihn suchst -
beginne bei Dir.
Denn er ist nicht weit.
Er wartet genau dort,
wo Du Dich am Verletzlichsten fühlst.
Doch er ist das,
was Dich wahrhaft stärken wird.
Denn die wahre Kraft - ist die Liebe.
Und sie beginnt bei der Liebe zu Dir.
Dieser Artikel ist Teil meiner Blogreihe „Wir müssen reden“
In dieser Reihe gehe ich den tieferliegenden Fragen unserer Zeit nach: Was passiert mit unserer Menschlichkeit? Was brauchen wir als Gesellschaft wirklich? Wie finden wir zurück ins Gleichgewicht? Lies auch:
Was bedeutet Würde? Die wahre Bedeutung von ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar‘
Weitere Artikel der Reihe folgen bald - über Spaltung, Integration und die stille Kraft der Langsamkeit.
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Bildquelle: Titelbild erstellt mit Unterstützung von ChatGPT